Advent im Seniorenheim

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Daniel

Advent im Seniorenheim

#1

Beitrag von Daniel » Montag 22. Dezember 2008, 17:04

Advent im Seniorenheim







Alljährlich die gleichen Sorgen…






…Weihnachtsgesang…



Opa:

Macht, dass ihr da wech kommt!!!



…Schüsse…



Opa:

Güllelerchen!!!



..weiter Schüsse...



Reporter:

Der Singkreis des Landfrauenvereins Heringsmoor war nur einer von zahlreichen Vortragsgruppen und Einzelkünstlern, die wochenlang vergeblich versuchten, in das städtische Seniorenstift am Höcklager Industrieweg einzudringen. Dem inneren Drang, alten Menschen zur Weihnachtszeit eine Freude zu machen, stand immer wieder die kompromisslose Abwehrbereitschaft der Heiminsassen gegenüber, die es leid sind, als Publikum für Amateuraufführungen herhalten zu müssen. So jedenfalls erklärt es der 89jährige Josef Röhrmöller, als Sprecher des Ältestenrates.



Röhrmöller:

Ja, wir woll’n hier vor Weihnachten einmal in Ruhe Kaffee trinken und nicht dauernd dies Gejiedel und Gefiedel an'e Ohren habm. Und wenn das im Guten nich geht, dann müssen wir Maßnahmen ergreifen.



Reporter:

Maßnahmen, die sich am Anfang nur auf die hermetische Abriegelung des Gebäudekomplexes beschränkten. Röhrmöllers Erfahrungen als Infanterist 1943 im Kessel von Tscherkassi, als seine Kameraden in einer ähnlich verzweifelten Situation waren, kommen jetzt den Heimbewohnern zugute. Die wuchtigen Eisenmöbel vor den Außentüren, Stacheldrahtrollen vor den besonders gefährdeten Sutterainfenstern sowie verschweißte Sieldeckel im Kellerbereich, reichten jedoch schon bald nicht mehr aus. Rund um die Uhr wurden Heimbewohner zum Wachdienst eingeteilt.



Röhrmöller:

Ja die Probleme sind praktisch Tach und Nacht, nich. Morgens fallen schon die Plagen vonner Gesamtschule über uns her mit ihrem Flötenkreis. Die fiepen hier rum mit Mach hoch die Tür und Klingglöckchen und alles falsch und durcheinander. Dat is nicht zu ertragen. Inner Mittachsstunde hab'n wir dann meistens diese Trampeltänzer vom Trachtenverein Strohkruch, die will keiner mehr sehen, aber mit uns kann mans ja machen.



Reporter:

Besonders kritisch wird es am Abend, wenn die Aufmerksamkeit der alten Menschen nach einem langen Wachdienst zu erlahmen droht. Dann nämlich pirscht sich im Schutz der Dunkelheit der Jagdbläserchor 'Hubertus' aus Niederstenbreckelwede heran.



Röhrmöller:

Ja die tröten hier Die Sau ist tot, wenn unsereiner nur in Ruhe fernsehen will. Und da bin ich dann zum ersten Mal mit'm Schrotdrilling dazwischen gegangen.



Reporter:

Nicht minder gefürchtet ist unter den Senioren die Schöppenwessler Speeldeel mit ihrem niederdeutschen Schwank Krach um Jolante, die aber in diesem Jahr, wenn auch gegen ein empfindlich hohes Schweigegeld wieder abzog. Doch nicht immer lassen sich die vorweihnachtlichen Besucher so unkompliziert abwehren. Der Chantichor Ankommersiel mit seinem Adventsrepertoire wie Christus war ein Steuermann oder Wir lagen auf Kiel vor Bethlehem ließ sich aus Hubschraubern auf das Flachdach des Speisesaals absetzen, in der vergeblichen Hoffnung, durch einen Lüftungsschacht zur besinnlichen Kaffeetafel vorzudringen. Nach 25 Jahren Heimerfahrung kennt Opa Röhrmöller inzwischen alle Tricks.



Röhrmöller:

Ja wir hatten die Tage einen hier, der gab sich als Klempner aus und wollte nach 'e Heizkörper kucken. Und ich denk noch, da is doch wat faul, mach 'ne Taschenkontrolle und siehe da, kein Werkzeug und nix. Stattdessen diese elende Gedichtband Wiehnacht ob de Halli, damit wollte er uns hier den Abend versaun. Und jetzt komm' Sie.



Reporter:

Schlussendlich waren alle Anstrengungen der alten Leute umsonst. Am frühen Nachmittag des 2. Advents hielt die Schweißnaht der Feuertür zum Babitoratlager dem karitativen Ansturm nicht mehr stand. Die tapferen Bewohner des Seniorenstifts wurden von der vorweihnachtlichen Stimmung doch noch eingeholt.

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eulchen
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#2

Beitrag von eulchen » Dienstag 23. Dezember 2008, 12:59

Etwa zum Fest:


Good'n Abend, leeve Lüüd,
fein, dat man sick wedder süht.
Is doch gar nich so lang her,
as dat kott vör Wiehnacht' wär.

Wenn man mi frogt: ik kanns nich glöb'n,
wo is das letzte Johr blots blev'n?
De Tied löppt fixer as man't will
bit Wiehnachten. Dann ward dat still.

För'n lütten, kotten Oogenblick
föhlt man die Tied nich so.
De Klock hölt an, secht nich mal Tick,
dat Hart wart richtig froh.

De Gör'n fangt nu to gnegeln an,
se hebbt so veel to schnacken.
Se kuscheln sik an Oma ran
un krul'n ehr den Nacken.

Du, Oma, weets du, wat ik weet:
ik heff en Zettel schreben.
un weets du, wo de Zettel heet?
Dat rots du nich in Leben!

Kloor. Oma fangt to grien'n an,
se weet nu all genooch.
Lütt Peter schleppt sien Zettel ran
un dücht sik mächtich klooch.

Door steiht, wat ik noch bruk'n do,
ik hol di gau dien Brill.
Sons kanns nich sehn. Na, geiht dat so?
Lees mal: "Wat ik gern will!"

Door kanns mal sehn, wat Peter kann,
sien Schrift is grood un schier.
De List, de is meist ellenlang
un steiht nu op Papeer.

So, seggt Oma. Wat is dat?
Wat hett dat to bedüd'n.
Ik lees: Ich mooch mal Pudding satt!
Un: Mitn Computer üben?

So is dat wohl, so wär dat immer,
de Fortschritt kümmt ut Kinnerzimmer.
Hüüt sünd wi Öllern oder mehr,
de Kinnertied is all lang her.

Un wenn ik mi denn so erinner,
un seh de ganzen Hoopen Kinner,
un denk mi: Mensch, dat wär en Streß,
besonners op min Wiehnachtsfest.

Ok hüüt wart dat nich alles klappen,
doch dat is wat, wat mi nicht stört.
De Kinner köönt nich Plattdütsch snacken
und hebbt den ersten Satz nicht hört.

Un wart dat denn all wedder Tiet
un Neonlicht geiht an,
dann is dat gor nich mehr so wiet
bald kümmt de Wiehnachtsmann
Tue den Menschen, was du möchtest, dass sie dir tuen, und akzeptiere ihr "Nein", und das "Ja" ihrer Wünsche und Bedürfnisse !

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#3

Beitrag von skratz » Dienstag 23. Dezember 2008, 19:36

Weihnachtsgedicht a'la Loriot

Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken
Schneeflöcklein leis' herniedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel
häuft sich ein kleiner, weißer Zipfel.
Und dort, vom Fenster her, durchbricht
den tunklen Tann ein warmes Licht.


Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege
seit langer Zeit schon sehr im Wege.
Drum kam sie mit sich überein:
Am Niklasabend muß es sein.


Und als das Rehlein ging zur Ruh'
das Häslein tat die Augen zu,
erlegte sie - direkt von vorn -
den Gatten über Kimm' und Korn.
Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
zwei, drei, viermal die Schnuppernase
und ruhet weiter süß im Dunkeln
derweil die Sterne traulich funkeln.


Und in der guten Stube drinnen,
da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muß die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
nach Waidmannssitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied,
was der Gemahl bisher vermied,
behält ein Teil Filet zurück
als festtägliches Bratenstück
und packt darauf - es geht auf vier -
die Reste in Geschenkpapier.


Da tönt's von fern wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist's, der in so später Nacht
im Schnee noch seine Runden macht?
Knecht Ruprecht kommt mit goldnem Schlitten
auf einem Hirsch herangeritten.
"He, gute Frau, habt Ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?"


Des Försters Haus ist tief verschneit,
doch seine Frau ist schon bereit:
"Die sechs Pakete, heilger Mann,
's ist alles, was ich geben kann."


Die Silberschellen klingen leise,
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
ein Sternlein blinkt - es ist Advent!

Verfasser: LORIOT


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