PRESSEBERICHTE AUGUST 2009

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Daniel

PRESSEBERICHTE AUGUST 2009

#1

Beitrag von Daniel » Montag 3. August 2009, 16:44


PRESSEBERICHTE AUGUST 09
Hier kommen nur Presseberichte rein,
für Kommentare gibts wie immer einen eigenen Thread.
:wink:

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Zuletzt geändert von Daniel am Montag 3. August 2009, 16:54, insgesamt 1-mal geändert.

Daniel

#2

Beitrag von Daniel » Montag 3. August 2009, 16:46

Sandra Ketterer
Ringen um Rente

CONTERGAN

Netzwerk reicht Verfassungsbeschwerde ein



Christian Stürmer hatte im November vergangenen Jahres genug. "Die Beratungen im Bundestag über unsere Situation und unsere Bedürfnisse haben nicht auf Augenhöhe stattgefunden", beklagt der 47-Jährige. Stürmer beschloss zu handeln und gründete das Contergan-Netzwerk, einen Verein von Contergan-Opfern, dem mittlerweile nach eigenen Angaben rund 210 Geschädigte angehören. Kürzlich hat Stürmer mit zehn weiteren Betroffenen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Der am 14. Mai vom Bundestag verabschiedete Gesetzentwurf (16/12413) sowie die Verdoppelung der Renten im vergangenen Jahr auf 1.090 Euro pro Monat und die Aufstockung des Stiftungsvermögens um 100 Millionen Euro reicht ihnen nicht aus.

"Im allgemeinen Leistungssystem sind wir benachteiligt", begründet Stürmer seine Verfassungsbeschwerde. "Kriegsversehrte und Impfgeschädigte erhalten mehr vom Staat als wir." Dabei hätten viele Contergan-Opfer erst spät einen Beruf aufgenommen, zum Beispiel weil sie spät eingeschult wurden. "Aufgrund körperlicher Beschwerden müssen viele auch früh aus dem Beruf aussteigen, deswegen leben sie dann oft auf Sozialhilfeniveau", sagt der Jurist. "Konkret wollen wir erreichen, dass wir Beträge erhalten, mit denen wir ein selbstbestimmtes Leben führen können."
Keine Ausschlussfrist mehr

Contergan ist der Name eines Schlaf- und Beruhigungsmittels der Firma Grünenthal, das 1957 in Deutschland rezeptfrei auf den Markt kam. Zwischen 1958 und 1962 kamen rund 5.000 Kinder mit verkürzten und veränderten Armen und Beinen zur Welt, häufig verbunden mit schweren Schäden an inneren Organen. Etwa 2.800 von ihnen überlebten. Die Ursache der Katastrophe: Die Mütter hatten in der frühen Schwangerschaft Contergan eingenommen. 1968 begann der Prozess gegen sieben Mitarbeiter der Firma Grünenthal. 1970 schlossen Grünenthal und die Vertreter der geschädigten Kinder einen Vergleich, demzufolge das Unternehmen 100 Millionen Mark zahlt und die Geschädigten von weiteren Forderungen absahen. Zwei Jahre später wurde die Bundesstiftung "Hilfswerk für behinderte Kinder" gegründet, die die Auszahlungen übernahm. Seit 2005 heißt sie "Conterganstiftung für behinderte Menschen". Im Mai dieses Jahres wurde unter anderem die Ausschlussfrist für Anträge aufgehoben. Bisher mussten Anträge auf Leistungen bis zum 31. Dezember 1983 gestellt worden sein.
Unterschiedliche Bewertung

Die Bundestagsfraktionen bewerten die Verfassungsbeschwerde unterschiedlich. Antje Blumenthal (CDU) verweist auf die Verdoppelung der Renten im vergangenen Jahr, die Neuordnung der Stiftung und die Aufhebung der Ausschlussfrist. "Die Aufhebung der Frist habe ich in meinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt", sagt Blumenthal. Sie könne den Wunsch der Opfer nach einer höheren Entschädigung zwar nachvollziehen. "Aber das wäre nicht umsetzbar", meint Blumenthal. Ina Lenke (FDP) will zunächst das Urteil abwarten. "In einigen Punkten hätte sich die FDP bei der Gesetzesänderung mehr gewünscht, wie etwa eine zukünftige regelmäßige Überprüfung der Höhe der Rentenzahlungen", sagt Lenke. An sich habe man aber einiges erreicht. Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) spricht sich für eine sofortige Auszahlung des Stiftungsvermögens aus. Bisher ist geplant, das Geld einmal jährlich über 25 Jahre verteilt auszuzahlen. Ilja Seifert (Die Linke) unterstützt die Klage des Contergan-Netzwerks: "Wir wollen das Selbstbestimmungsrecht der Opfer stärken."
quelle

Daniel

#3

Beitrag von Daniel » Mittwoch 26. August 2009, 16:15

Contergangeschädigte hoffen auf Gerechtigkeit
Mittwoch, 26. August 2009 14:44 - Von Ulrike Ruopp


Mühsam steigt Christian Stürmer mit Krücken die Treppe in der Doppelhaushälfte hinauf. Jede Stufe ist eine Qual für den 48 Jahre alten Contergangeschädigten. Weil seine Mutter in der Schwangerschaft das übelkeitshemmende Schlafmittel einnahm, kam er mit schweren Behinderungen an den Beinen auf die Welt.


1961 nahm die Herstellerfirma Grünenthal das Medikament Contergan wieder vom Markt. Nach vier Jahren und weltweit rund 10000 missgebildeten Kindern, 5000 allein in Deutschland. Der Wirkstoff Thalidomid hatte den Wachstumsprozess der Ungeborenen gestört.

Im ersten Stock befindet sich das Arbeitszimmer. Der enge Raum ist vollgepackt mit juristischen Fachbüchern und Ordnern. Einer davon enthält die Verfassungsbeschwerde, die Stürmer Ende Juni mit zehn weiteren Betroffenen eingereicht hat. „Das Gefühl, massiv ungerecht behandelt zu werden, war immer da“, sagt er. Bis vor neun Monaten habe er all seine Energie benötigt, um den Alltag zu bewältigen und das Jurastudium abzuschließen.
Erst als die Reform des Conterganstiftungsgesetzes eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht ermöglichte, fand er die Kraft, den Verein Contergan-Netzwerk zu gründen und die Klage auszuarbeiten. Was er will, ist Gleichberechtigung, eine politische Diskussion auf Augenhöhe und die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben – für sich und die anderen 2650 Contergan-Geschädigten, die in Deutschland noch leben.


Ein funktionstüchtiger Rollstuhl, eine behindertengerechte Küche oder ein umgebautes Kraftfahrzeug seien zum Beispiel nötig für diese Eigenständigkeit. „Ohne Auto ist schon der Gang zum Briefkasten ein Ding der Unmöglichkeit.“ Hätte der Staat nicht alle Ansprüche gegen Grünenthal per Gesetz ausgeschlossen, hätten die Geschädigten ein Recht auf Schmerzensgeld, auf Kuren und Umbauten. Aber so bekommen sie je nach Behinderung eine monatliche Rente nur zwischen 252 und1116 Euro aus dem Fonds der Conterganstiftung für behinderte Menschen. „Brotkrumen“ seien das, findet der Vater einer Tochter.
Entschädigungszahlungen reichen nicht aus
Auch die im Mai eingeführten Zusatzzahlungen – 100 Millionen Euro über 25 Jahre verteilt – reichten nicht. Monatlich bekomme er als mittelmäßig Geschädigter umgerechnet nur 191 Euro. „Wir leben auf Sozialhilfeniveau. Bei der Regelung der Versorgungspflicht hat wohl niemand gedacht, dass wir so alt werden“, stellt der gebürtige Düsseldorfer nüchtern fest.
Reguläre Rentenansprüche hätten die Contergan-Geschädigten kaum. „In den 60er Jahren wurden Behinderte an den Rand der Gesellschaft gedrängt und lange nicht eingeschult.“ Später als andere seien sie also ins Berufsleben eingestiegen, früher müssten sie wieder austreten. Die Spätfolgen von einseitiger Belastung und geschädigten Organen machten sich zunehmend bemerkbar.
Als die Schmerzen immer schlimmer wurden, musste auch Stürmer seine Arbeit aufgeben. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin hatte er einen Kaffeeherstellungsbetrieb geführt. „Wir brauchen sofort Hilfe“, betont er. Die stellt er sich so vor: Entweder bekommen Contergangeschädigte die Leistungen, die sie von Grünenthal hätten einklagen können, oder solche, die das Bundesversorgungsgesetz ähnlich Geschädigten gewährt. „Kriegsversehrte, Impfgeschädigte oder Opfer von Gewalttaten sind viel bessergestellt als wir.“
Einen Termin für eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Klage gibt es noch nicht. „Das lässt sich nicht absehen“, sagte eine Sprecherin in Karlsruhe. Sollte das Bundesverfassungsgericht seine Forderung ablehnen, will Christian Stürmer den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen. „Das ist unsere letzte Chance auf Gerechtigkeit.“
quelle

Daniel

#4

Beitrag von Daniel » Montag 31. August 2009, 18:33

Kölner Conterganopfer wartet auf die Dalli-Klage

Von Marlon Gego | 31.08.2009, 17:50

Aachen. Die Stolberger Dalli-Gruppe hat bislang kein Hauptsacheverfahren gegen den Vorsitzenden des Bundes Contergangeschädigter und Grünenthalopfer (BCG), Andreas Meyer, eingeleitet.
In einem Eilverfahren Ende Juni war in Köln eine einstweilige Verfügung aufgehoben worden, derzufolge der BCG nicht weiter zum Protest gegen Produkte der Dalli-Gruppe aufrufen durfte. Noch in der Verhandlung hatten die Vertreter Dallis angekündigt, «diese Frage in einem Hauptsacheverfahren klären lassen» zu wollen. Ein solches Verfahren würde erfahrungsgemäß mehrere Jahre dauern. Ein Prozessbeginn Ende September war mit der Vorsitzenden Richterin Margareta Reske bereits ins Auge gefasst.

Ulrich Grieshaber, Vorsitzender der Dalli-Geschäftsführung, sagte auf Anfrage dieser Zeitung, Dalli behalte sich vor, «weitere juristische Schritte einzuleiten». Dass noch kein Hauptsacheverfahren beantragt sei, habe damit zu tun, «dass der BCG seinen Boykottaufruf im Moment nicht aktiv betreibt». Das Unternehmen werde aber reagieren, wenn durch den Boykottaufruf Arbeitsplätze in Gefahr seien. «Wir sind es unseren Mitarbeitern schuldig, sie zu schützen», sagte Grieshaber.

Der Hintergrund des Protestaufrufes gegen die Dalli-Produkte sind die Eigentumsverhältnisse der Unternehmensgruppe. In weiten Teilen gehört Dalli den gleichen Eigentümern wie der Pharmahersteller Grünenthal, der in den 60er Jahren das Beruhigungsmedikament Contergan auf den Markt gebracht hatte. Durch Nebenwirkungen war es zu Schädigungen bei einer großen Zahl von Ungeborenen gekommen. Die Rechtsmittel der Conterganopfer gegen Grünenthal sind seit einem 1970 geschlossenen Vergleich ausgeschöpft.

Der Boykottaufruf soll Druck auf die Familie Wirtz als Eigentümer von Grünenthal und Dalli ausüben, mehr als die bislang insgesamt entrichteten 100 Millionen Euro Schadensersatzzahlungen zu leisten. BCG-Vorsitzender Meyer geht davon aus, dass den etwa 3000 noch lebenden Conterganopfern und ihren Familien «etwa fünf Milliarden Euro zustehen».

Der BCG ist enttäuscht, dass Dalli bislang keine weiteren Schritte eingeleitet hat. «Wir haben uns auf das Verfahren gefreut», sagte Andreas Meyer gegenüber dieser Zeitung. «Ein bessere Werbung für unseren Boykottaufruf von 2007 hätte die Familie Wirtz nicht machen können.»

quelle

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