******PRESSEBERICHTE Dezember 2010*****

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Daniel

******PRESSEBERICHTE Dezember 2010*****

#1

Beitrag von Daniel » Mittwoch 1. Dezember 2010, 11:07

Hier werden Presseberichte vom Dezember 2010 eingestellt,
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Daniel

#2

Beitrag von Daniel » Mittwoch 1. Dezember 2010, 11:09

„Ich fühle mich selbstbewusster, seit ich hier arbeite“

(Wangen/sz) Die betriebliche Integration von Menschen mit Behinderung ist im Dorfladen in Haslach ein Erfolg. Jeweils zwei Vormittage in der Woche arbeitet Michaela Glock, Bewohnerin der katholischen Behindertenhilfe St. Konrad Haslach, im „Unser Laden“ mit.

Von unserer Mitarbeiterin Hanna Spengler

Es ist Donnerstagvormittag, 11 Uhr. Konzentriert sortiert Michaela Glock (50) im hinteren Teil des Dorfladens die angelieferten Spätzle-Tüten ins Regal. Der höflichen Frau, kurze Haare, Brille, fehlen Finger und Zehen – sie ist Contergan-Geschädigte, leidet an einer Sehschwäche und gilt als geistig behindert. „Ich räume Lebensmittel ein, bediene beim Brot oder spüle Geschirr“, sagt Glock. „Nur Tätigkeiten wie Kartons öffnen oder große Gemüse-Dosen greifen, fallen mir schwer.“

Ob Tomaten einsortieren, Waren etikettieren, oder an der Servicetheke Seelen ausgeben: Seit 2008 geben die genossenschaftlich geführten Dorfläden Schomburg Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, an den beiden Standorten Haslach und Primisweiler mitzuarbeiten. Dabei kooperieren sie mit der St. Jakobus Behindertenhilfe, zu der die Einrichtung St. Konrad gehört, und der St. Gallus-Hilfe der Stiftung Liebenau.


„Durch die gute Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern sind die behinderten Menschen in unserem Dorfladen integriert und akzeptiert“, sagt Albert Beaumart, Geschäftsführer der Genossenschaft. Wie Karin Schlichtling-Lau, Vorstandsmitglied der Dorfladen Schomburg eG und verantwortlich für die Koordination der Mitarbeiter mit Behinderung, berichtet, seien die integrativen Arbeitsplätze nur möglich, weil Mitarbeiter, Behinderteneinrichtungen und Kunden das Konzept unterstützten. „Alle ziehen an einem Strang!“, hebt sie hervor.

Michaela Glock ist die erste, die vor eineinhalb Jahren durch ein vierwöchiges Praktikum ihren Platz im „Unser Laden“-Team fand. Heute arbeitet sie acht Stunden in der Woche in dem modernen Tante-Emma-Laden, den Rest der Woche in der Werkstatt in St. Konrad. „Ich fühl mich selbstbewusster seit dem ich hier arbeite“, sagt sie. „Außerdem sehe ich hier mal andere Gesichter.“

„Michaela ist fit, es macht Spaß mit ihr zu arbeiten!“, betont Vollzeitkraft Susanne Groß. Die Kunden plauderten und scherzten mit ihr, schätzten ihre freundliche Beratung. „Alle im Dorf kennen und mögen Michaela“, betont Groß. So wie Kundin Gertrud Holzer (47). Sie sagt: „Ich empfinde sie gar nicht als behindert.“ Doch Michaela Glock braucht während der Arbeit Betreuung: „Ganz alleine kann ich sie nicht lassen“, sagt Groß. Glock benötigt zum Beispiel beim Auspacken von Kartons und beim Einräumen Hilfestellung.

Wie Schwester Veronika, zuständig für die Werkstatt für Menschen mit Behinderung in St. Konrad, betont, leiste der ausgelagerte Arbeitsplatz einen wesentlichen Beitrag zu Selbstbestimmung. Zwar seien die Heimbewohner in Haslach als Fans des Fußballvereins oder als Mitglieder des Kirchenchors im Dorfleben integriert. Das Dorfladen-Konzept habe jedoch einen neuen Ansatz: „Hier funktioniert Integration über die Arbeit!“ Wie Geschäftsführer Beaumart ergänzt, sei neben Michaela Glock derzeit auch Simone Brose aus Amtzell jeweils zwei Vormittage pro Woche im „Unser Laden“ in Haslach tätig. Von 2011 an soll eine dritte Mitarbeiterin mit Behinderung am Standort Primisweiler dazukommen.

(Erschienen: 01.12.2010 10:00)

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Daniel

#3

Beitrag von Daniel » Freitag 3. Dezember 2010, 10:47

Behindertenbeauftragter besorgt über getrennte Lebenswelten

"Ängste und Unsicherheiten im Miteinander gibt es vor allem unter Nichtbehinderten"

Berlin (dapd). Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, sieht beim gesellschaftlichen Umgang mit Behinderten in Deutschland noch großen Nachholbedarf. "Ängste und Unsicherheiten im Miteinander gibt es vor allem unter Nichtbehinderten", sagte der der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur dapd anlässlich des Weltbehindertentages an diesem Freitag. "Wer nicht weiß, wie er ein Contergan-Opfer mit verkürzten Armen begrüßen oder einen geistig Behinderten ansprechen soll, geht diesen Situationen oft aus dem Weg. Und damit auch dem Menschen." Die Folge seien getrennte Lebenswelten.

Behinderte wollten aber weder an den Rand der Gesellschaft abgeschoben werden, noch "im Goldenen Käfig leben", betonte Hüppe. Vielmehr gehe es ihnen um Gleichberechtigung bei den elementaren Dinge des täglichen Lebens. Um barrierefreie Straßen und Gebäude, Teilhabe an kulturellen Angeboten und darum, dass behinderte Kinder gemeinsam mit ihren nicht behinderten Freunden spielen und lernen können.

Das größte Problem sind nach Ansicht Hüppes aber nicht Hindernisse für Rollstuhlfahrer, sondern "die Barrieren in den Köpfen". Wer sich etwa frage, warum auch Behindertensportler dopen, begehe bereits einen Denkfehler.

Hüppe selbst will mit gutem Beispiel vorangehen und einen Kurs für Gebärdensprache belegen, "damit ich nicht mehr auf einen Übersetzer angewiesen bin". Wer Inklusion anstrebe, der suche eben nach Lösungswegen. "Die Anderen suchen bloß nach Begründungen, warum etwas nicht geht."

dapd
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Daniel

#4

Beitrag von Daniel » Freitag 3. Dezember 2010, 16:03

Stellenabbau bei Grünenthal: Es wird ernst

Aachen. Es sind schwierige Tage derzeit beim Aachener Pharmaunternehmen Grünenthal - und vielleicht entscheidende: Die Verhandlungen zwischen Unternehmensspitze und Betriebsrat über die geplanten Entlassungen und den damit verbundenen Sozialplan laufen auf Hochtouren, parallel kommen bis Samstag Beirat und Gesellschafter zusammen.

In einem Brief an das fünfköpfige Aufsichtsgremium und die 19 Gesellschafter hatte der Betriebsrat zuletzt vehement Stellung gegen die Pläne von Vorstandschef Harald F. Stock bezogen, mit denen er ab 2013 jährlich 57 Millionen Euro einsparen will. Auch Politiker in Land und Region wurden jetzt per Brief um Unterstützung gebeten.

270 Arbeitsplätze in Aachen und Stolberg sind von Stocks Plänen aktuell betroffen, addiert zu den 132 im Zuge der Schließung des Produktionsstandortes Stolberg ergibt das gut 400 - bei insgesamt rund 2000 Beschäftigten in Deutschland. Diese Zahl sei nicht hinnehmbar, stellt der Betriebsrat klar - ebenso wenig wie die Absicht, die Zahl der Auszubildenden von 33 auf 23 pro Jahr zu kappen und einzelne Abteilungen auszulagern. Bei den Beschäftigten herrsche Existenzangst und Enttäuschung, heißt es in dem Brief an Gesellschafter und Beirat. Stock, seit Anfang 2009 im Amt, habe jedes Vertrauen verspielt. Gesellschafter und Beirat werden gebeten, die «Entlassungen zu minimieren und sich auch der sozialen Verantwortung als Unternehmerfamilie bewusst zu werden».

Brief sorgt für Aufsehen

Dieser Brief hat dem Vernehmen nach für einiges Aufsehen gesorgt - und aufgezeigt, dass es auch unter den Gesellschaftern durchaus unterschiedliche Meinungen gibt. Um so spannender dürfte deshalb die Frage sein, welche Resultate die Gespräche der kommenden Tage bringen werden. Von «konstruktiven, in der Sache harten Verhandlungen» spricht Betriebsratsschef Karl-Josef Matthias. Er habe die Hoffnung, dass es noch zu Korrekturen kommen könne. Das Unternehmen selbst betonte Donnerstag, die Gespräche mit dem Betriebsrat verliefen «konstruktiv». Man strebe einen «zeitnahen Abschluss» an. Zur turnusmäßigen Sitzung von Beirat und Gesellschaftern wollte man sich nicht äußern.
Auf der Internetseite gibt es noch mehr
Links zum Thema Contergan

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Information
Diese Mail wurde von http://www.contergan-sh.de über den Newsletter verteilt.
Weiterleitung dieser Mail ist nur erlaubt, wenn diese Fußdaten mit übermittelt werden.
© http://www.contergan-sh.de

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#5

Beitrag von Daniel » Freitag 3. Dezember 2010, 16:06

Es gibt auch ein "Kommentarforum" zu diesem Artikel,
wenn Ihr hier anklickt,kommt ihr auf die "Forumseite"

Daniel

#6

Beitrag von Daniel » Mittwoch 15. Dezember 2010, 08:31

Contergan-Prozess vor 40 Jahren eingestellt

Von Elke Silberer, dpa | 15.12.2010, 03:30

Aachen. Die Stimmung ist geladen, höchst feindselig. Auf der Anklagebank sitzen der Chef und acht Beschäftigte der Firma Grünenthal, ihnen gegenüber drei Staatsanwälte. Im Mai 1968 beginnt mit dem Contergan-Prozess eines der größten deutschen Strafverfahren. Gut zwei Jahre später, am 18. Dezember 1970, wird das Verfahren eingestellt.
Im Gegenzug verpflichtet sich Grünenthal zur Zahlung von 100 Millionen D-Mark plus Zinsen für die missgebildeten Kinder. Die Opfer bewerten das rückblickend als verhängnisvolle Entscheidung.

Contergan löste einen der größten Arzneimittelskandale aus. Weltweit kamen 10.000 Kinder mit schweren körperlichen Missbildungen zur Welt, davon 5000 in Deutschland. Bei Erwachsenen verursachte Contergan eine Nervenschädigung (Polyneuritis).

Laut einer wissenschaftlichen Untersuchung fragte ein Neurologe 1959 bei Grünenthal an, ob der Contergan-Wirkstoff Thalidomid zu Nervenschädigungen führen kann. Im selben Jahr weist ein Gynäkologe einen Außendienstler von Grünenthal darauf hin, dass er Missbildungen seines Sohnes mit Thalidomid in Verbindung bringt. Im November 1961 nimmt Grünenthal die Präparate aus dem Handel. Fast sieben Jahre später beginnt der Strafprozess gegen die Mitarbeiter.

Hans Helmut Günter (76) war damals junger Staatsanwalt in dem Verfahren. Es habe keine Alternativen zur Einstellung des Prozesses gegeben, sagt er im Wohnzimmer seines Hauses in Aachen - vor sich auf dem Tisch die vergilbte Anklageschrift, Aktenzeichen 4 JS 987 61: Vorwurf der fahrlässigen und vorsätzlichen Körperverletzung sowie fahrlässige Tötung gegen neun Angeklagte aus dem Unternehmen.

Der Prozess war zäh, ein Ende nicht in Sicht. Fraglich war auch, ob es am Ende überhaupt noch einen verhandlungsfähigen Angeklagten gegeben hätte. Nach und nach waren vier krank geworden - zuletzt saßen nur noch fünf im Gerichtssaal. «Wenn alle Angeklagten ausgeschieden wären, wäre der Prozess geplatzt», erinnert sich Günter. In dieser Phase beantragte Grünenthal die Einstellung des Verfahrens. Die Staatsanwälte handelten mit dem Unternehmen die Konditionen aus. Die Gespräche gingen manchmal bis tief in die Nacht.
Es ging um Geld. «Es war ein zentraler Punkt, wie viel die Kinder bekommen. Bei zehn Millionen Mark hätten wir nie Ja gesagt», erzählt Günter. Bei 100 Millionen plus Zinsen wurde der Deal besiegelt. «100 Millionen waren damals eine Menge Geld.» Weitere 100 Millionen kamen vom Bund.

«Damals sind wir davon ausgegangen, dass die Kinder eine kürzere Lebenserwartung haben. Heute wissen wir, die werden so alt wie wir», sagt der Jurist. Das Unternehmen schreibt dazu auf seiner Internet-Seite: «Grünenthal zahlte freiwillig eine Summe von 114 Millionen DM in die Stiftung «Hilfswerk für behinderte Kinder» ein.»

Das Geld ist längst aufgebraucht. Die Contergan-Stiftung zahlte nach eigenen Angaben bis Ende 2008 rund 460 Millionen Euro aus. Vom Hersteller kam mit den umgerechnet 51 Millionen Euro von damals nur ein Bruchteil. Der Rest sind Steuermittel. Im vergangenen Jahr leistete Grünenthal noch mal eine «Sonderzahlung» über 50 Millionen Euro.

«Es wäre wichtig gewesen, wenn es zu einer Verurteilung gekommen wäre», sagt Contergan-Opfer Andreas Meyer und spricht damit vielen Betroffenen aus der Seele. Meyer kämpft seit Jahrzehnten erbittert um Entschädigungen mittlerweile in Milliardenhöhe. Diesen Kampf führt der Mann im Rollstuhl mit Demonstrationen und Boykottaufrufen.

Deutsche Contergan-Opfer dürfen laut Gesetz nicht gegen Grünenthal klagen. Eine Folge aus dem Stiftungsgesetz, das die Zahlung der Contergan-Millionen an die Behinderten regelt. Damit erloschen automatisch alle potenziellen Ansprüche von Opfern gegen die Firma. Meyer spricht von «Generalenteignung».


Auch für Christian Stürmer vom Contergan-Netzwerk ist das der eigentliche Skandal - und nicht die Einstellung des Verfahrens. Wegen dieser gesetzlichen Regelung hat auch nie ein deutsches Gericht über mögliche Schadensersatzansprüche von Contergan-Opfern entschieden. Das Netzwerk hat dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt.

Einstellungsbeschluss des Contergan-Prozesses

Das Landgericht Aachen stellte am 18. Dezember 1970 den Strafprozess gegen den Chef und acht führende Mitarbeiter des damaligen Contergan-Herstellers Grünenthal ein wegen geringer Schuld und fehlenden öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung. Auszüge aus dem Einstellungsbeschluss im Wortlaut:

«Eine sachgerechte und vernünftige Würdigung der genannten Tatsachen lässt zur Überzeugung der Kammer nur den Schluss zu, dass Thalidomid die Ursache dieser Missbildungen ist.

Wie die Sachverständigen (...) übereinstimmend berichtet haben, brach die Missbildungswelle etwa neun Monate nach der Zurücknahme Thalidomids aus dem Handel schlagartig ab.

Eine vorsätzliche Gesetzesverletzung der Angeklagten ist aber - wie dargelegt - bisher nicht erwiesen, ein Gelingen dieses Nachweises auch bei einer Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht wahrscheinlich. Wie ausgeführt, kann (...) den Angeklagten der Vorwurf fahrlässig strafbaren Verhaltens gemacht werden.

Das Verhalten der Angeklagten, das zur Verursachung von Polyneuritien (Nervenerkrankung) und Missbildungen geführt hat, muss jedoch vor dem Hintergrund der damaligen Lage eines Arzneimittel herstellenden Unternehmens gesehen werden.

Auch die zuständigen Gesundheitsbehörden des Bundes und der Länder haben es gegenüber den Angeklagten an dem nötigen Nachdruck fehlen lassen.

Die Schwere der möglichen Schäden hätte es hier insbesondere geboten, Gedanken an die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens und das persönliche Fortkommen außer Acht zu lassen ...»

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Daniel

#7

Beitrag von Daniel » Freitag 17. Dezember 2010, 10:56

17.12.2010 08:06
Contergangeschädigte: Pharmaunternehmen Grünenthal soll mehr zahlen - Opfer leben länger als kalkuliert - Weitere Aufstockung der Zuwendungen gefordert
Allmendingen / Ulm (ots) - Zum 40. Jahrestag der Beendigung des "Alsdorfer Contergan-Prozesses" am 18. Dezember 1970 fordern die Opfer nachhaltige Unterstützung zur Bewältigung ihres Alltags. Das Kalkül damals, die geschädigten Kinder hätten nur eine kurze Lebenserwartung, ging nicht auf. "Wir stehen durch die Folgeschäden bei fortschreitendem Alter vor neuen Problemen, deren Lösung weitergehende Leistungen, auch und gerade seitens der Firma Grünenthal als Verursacher erforderlich machen", sagt die Vorsitzende des Bundesverbandes der Contergangeschädigten, Margit Hudelmaier, "wir leben, die Einschränkungen wachsen - und deswegen brauchen wir dreimal mehr Mittel".

Der Verband fordert eine nachträgliche Einmalzahlung an jedes Conterganopfer von durchschnittlich 100.000 Euro je nach Schädigungsgrad. Das Schlafmittel Contergan mit dem Wirkstoff Thalidomid, hatte um 1960, von Schwangeren eingenommen, zu massiven Schädigungen und Missbildungen bei deren Kindern geführt. Die Betroffenen, in Deutschland ca. 2.500, dieses bisher größten deutschen Pharmaskandals sind heute 45 bis 50 Jahre alt und leiden zunehmend unter Überdehnungen von Gelenken und Sehnen, vorzeitiger Abnutzung von Knochen und Knorpeln, chronischen Schmerzen und haben steigenden Assistenz- und Pflegebedarf. Immer mehr werden erwerbsunfähig. Sie brauchen mehr physiotherapeutische Maßnahmen und Therapien bei psychischen Belastungen, die nicht selten in Depressionen münden. Die in Jahrzehnten mühsam erkämpfte Selbstständigkeit und errungene Lebensqualität steht mit steigendem Alter auf dem Spiel. Die Mehraufwände für Hilfsmittel, Kfz-Hilfe, medizinische Leistungen und Kurmaßnahmen müssen vorwiegend privat erbracht werden und können durch viele Betroffene nicht mehr geschultert werden. Ihnen drohen Altersarmut und Verelendung.

Der Strafprozess vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Aachen gegen Grünenthal (Umsatz 2009 weltweit: 881 Mio. Euro) endete am 18.Dezember 1970 ohne Urteil mit Einstellung des Verfahrens. Das Unternehmen und die Bundesregierung zahlten je hundert Millionen D-Mark in die sogenannte Conterganstiftung ein, aus der seither Renten an ca. 2.700 anerkannte Betroffene ausbezahlt werden. Das Stiftungsgesetz enthält eine skandalöse "Generalenteignung", die den Opfern seitdem alle Rechtsansprüche gegen Grünenthal verbaut. Dieses Gesetz möchte der Verband geändert sehen. Seit 1997 zahlt nur noch der Staat - derzeit zwischen 248 und 1.116 Euro monatlich pro Person. Unter öffentlichem Druck schoss Grünenthal im Jahre 2009 dann 50 Millionen Euro nach, ein "erster Schritt", dem weitere folgen sollten, so das Unternehmen. Es blieb beim ersten Schritt und neuerdings werden nicht einmal mehr Anschreiben des Bundesverbandes beantwortet. Bei Grünenthal - einem Familienunternehmen -" streiten sie sich lieber um die Verteilung der jährlichen Pfründe unter Verwandten und Vorstand als sich ihrer historischen und aktuellen Verantwortung zu stellen", sagt Margit Hudelmaier, "Das kann so nicht bleiben!"

Originaltext: Bundesverband Contergangeschädigter e.V. Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/82638 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_82638.rss2

Pressekontakt: Margit Hudelmaier, 1. Vorsitzende Bundesverband Contergangeschädigter e.V. Tel.:Geschäftsstelle 07391-4719, 0173 9168274 Mobil 0731 185-4412 Email: contergan-bundesverband@web.de

Rechtsanwalt Jan Freytag 0251-524091 Email: Info@Rechtsanwaelte-Freytag.de

Forderungskatalog im Einzelnen: http://www.contergan.de

© 2010 news aktuell
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Daniel

#8

Beitrag von Daniel » Samstag 18. Dezember 2010, 11:04

Medizinskandal Contergan: Niemand hat sich je entschuldigt

Von unserer Redakteurin Rena Lehmann
Die Contergan-Geschädigte Bianca Vogel aus Sinzig war die erste Weltmeisterin im Behinderten-Dressursport. Sie sagt: „Mein Leben besteht aus Absprachen. Das ist nicht selbstbestimmt.“

Keine Kränze, kein Gedenken

Dann erst, mit Mitte 40, wurde sie „innerlich richtig wütend“. Darüber, dass der Prozess am 18. Dezember 1970, vor 40 Jahren, wegen „Geringfügigkeit“ eingestellt wurde. Darüber, dass sich „weder der Staat noch der Hersteller Grünenthal entschuldigt haben“. Darüber, dass es für die verstorbenen Contergan-Geschädigten keine Gedenkveranstaltungen gibt und keine Kränze niedergelegt werden. Vor allem aber darüber, dass sie mehr und mehr unter Folgeschäden ihrer Missbildungen leidet, sich aber mit knapp 1100 Euro Entschädigung im Monat keine ständige Hilfe leisten kann. „Mein Körper ist zerschlissen“, sagt sie. „Ich werde älter.“ Durch die ständige Fehlhaltung verforme sich der Rücken. Das bereitet der 49-Jährigen zunehmend Schmerzen.

Sie engagiert sich deshalb jetzt auch im nordrhein-westfälischen Interessenverband Contergan-Geschädigter, ist dort zweite Vorsitzende, fährt zu Demonstrationen, klärt junge Menschen über das Geschehene auf. Ihr Ziel und das ihrer Mitstreiter: mit Grünenthal und dem Staat auf Augenhöhe über eine tatsächlich angemessene Entschädigung verhandeln. „Ich bin überzeugt, dass wir Erfolg haben, die Frage ist nur, wann“, meint sie. In Großbritannien etwa erhielten Geschädigte oft das Vierfache der in Deutschland gezahlten Summen. „Bei uns ist dagegen kein selbstbestimmtes Leben in Würde möglich.“ Sie sei stets auf freundliche, hilfsbereite Menschen angewiesen. „Mein ganzes Leben besteht aus Absprachen.“

Der 18. Dezember 1970 hatte aus Bianca Vogels Sicht verheerende Folgen. Man habe sich damals dafür entschieden, die Arbeitsplätze bei Grünenthal zu schützen. „Das war falsch“, ist sie überzeugt. Die Missbildungen vieler Tausend Menschen wiegen aus ihrer Sicht schwerer als die Existenz eines Unternehmens. Man habe die Eltern damals zwar zunächst finanziell entschädigt, sonst aber komplett alleingelassen. Keine psychologische Betreuung, keine sonstige Nachsorge.
Ein „normales“ Leben

Bianca Vogel wusste zwar immer um die Umstände ihrer Behinderungen, für sie stand der Wunsch nach einem normalen Leben zunächst aber im Vordergrund. Sie machte eine Ausbildung zur Erzieherin, geht bis heute einer geregelten Arbeit nach und erfüllte sich ihren Traum vom Spitzenreitsport. Wenn es ihre Gesundheit zulässt, will sie „im nächsten Jahr noch einmal angreifen“, sich für die Europameisterschaft qualifizieren und sich danach bei den Paralympischen Spielen in London „würdevoll“ aus dem Spitzensport verabschieden. „Das wäre ein Traum.“

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Daniel

#9

Beitrag von Daniel » Samstag 18. Dezember 2010, 11:06

Verheerende Folgen eines Medikaments

Wie der größte Arzneimittelskandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte begann – unser Archivar Frank Girmann hat die Ereignisse noch einmal dokumentiert:

1954: Zwei Mitarbeitern des Unternehmens „Chemie Grünenthal“ in Stolberg bei Aachen gelingt es, den Wirkstoff Thalidomid herzustellen, der später in Deutschland als Beruhigungs- und Schlafmittel „Contergan“ vertrieben wird.

1. Oktober 1957: Contergan kommt auf den Markt.

1959: Der Hersteller erhält Berichte über schwere Nervenschädigungen bei älteren Personen, die längere Zeit Contergan eingenommen hatten.

1960: Die Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde wundert sich über ein neues „Syndrom“: Auffällig viele Kinder werden mit Missbildungen geboren.

18. November 1961: Der Hamburger Kinderarzt und Humangenetiker Widukind Lenz äußert auf einer Tagung erstmals den Verdacht, dass „ein bestimmtes Medikament, das in 17 von 20 Anamnesen auftauchte, ursächlich verantwortlich sein könnte“. Wenige Tage zuvor hatte der Mediziner die Firma Grünenthal informiert und sie aufgefordert, die Thalidomid-Produkte vom Markt zu nehmen.

27. November 1961: Contergan wird vom Markt genommen.

1968: Mitarbeiter von Grünenthal werden wegen fahrlässiger und vorsätzlicher Körperverletzung, zum Teil mit Todesfolge, angeklagt.

10. April 1970: Vergleich vor Gericht: „Chemie Grünenthal“ will einmalig 100 Millionen Mark zur Verfügung stellen, falls im Gegenzug die Betroffenen auf ihre Forderungen verzichten. Die Summe wird in die Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder“ eingezahlt.

18. Dezember 1970: Der Strafprozess gegen den Inhaber Hermann Wirtz und acht leitende Angestellte des Contergan-Herstellers Grünenthal wird nach 283 Verhandlungstagen unter anderem wegen geringer Schuld vom Landgericht Aachen eingestellt.

Mai 1997: Die Einzahlungen in die Opferstiftung sind aufgebraucht. Es folgt ein Streit über die Neugründung der Stiftung mit Blick auf Gewinne des Unternehmens und das Vermögen der Inhaberfamilie Wirtz.

Juli 1998: Thalidomid darf in den USA als Heilmittel verabreicht werden. In den 50er-Jahren erhielt es hier keine Zulassung.

19. Oktober 2005: Das „Gesetz über die Conterganstiftung für behinderte Menschen“ (Conterganstiftungsgesetz) tritt in Kraft.

Februar 2006: Ein Koblenzer Apotheker stellt für Krebspatienten ohne Hoffnung die frühere Skandal-Arznei in kleinen Mengen her.

7. und 8. November 2007: Der ARD-Film „Eine einzige Tablette“ beleuchtet das Contergan-Thema. Hersteller Grünenthal versucht, mit Klagen gegen den WDR die Ausstrahlung wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu verhindern – vergeblich.

Mai 2008: Der Bundestag beschließt eine Verdoppelung der Entschädigungszahlungen für Contergan-Opfer.

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Daniel

#10

Beitrag von Daniel » Samstag 18. Dezember 2010, 11:09

Kommentare könnt Ihr hier einstellen: :link

Daniel

#11

Beitrag von Daniel » Samstag 18. Dezember 2010, 11:13

17.12.2010 - 18:29
Entschuldigung bei Contergan-Opfern überfällig.



Berlin (kobinet) Bis heute haben weder die Bundesregierung noch die Familie Wirtz (Firma Grünenthal) die Opfer des Conterganskandals und ihre Angehörige offiziell um Entschuldigung gebeten. Dies sei 40 Jahre nach Einstellung des Conterganverfahrens am 18. Dezember 1970 vor dem Landgericht Aachen überfällig, erklärte heute Ilja Seifert, behindertenpolitischer Sprecher der Linken im Bundestag.

"Der vor 40 Jahren den Angehörigen aufgenötigte Vergleich war sittenwidrig und die Bundesregierung als aktiv daran Beteiligte hat bis heute ihre Verpflichtungen, den Contergangeschädigten wirksame und dauerhafte Hilfen zu gewährleisten, nur unzureichend erfüllt", kritisierte der Bundestagsabgeordnete.

"Die Verursacher des Conterganskandals kamen mit relativ geringen Zahlungen davon und genießen ihr Leben als Milliardäre während die Steuerzahler/innen den überwiegenden Teil der Kosten aus den Folgen des Pharmaskandals zahlen und die Mehrzahl der noch lebenden Conterganopfer sowie ihre Angehörigen in Armut und unter unwürdigen Bedingungen existieren", so Seifert. Es werde Zeit, dass der Staat – die Justiz eingeschlossen – nicht länger die mächtigen Pharmakonzerne vor ihren Opfern schützen. sch
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