***Presseberichte**September**2012***

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#1

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 08:48

Hier findet Ihr die Presseberichte vom September 2012.
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#2

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 08:51

Deutschland
Grünenthal entschuldigt sich für Contergan


Mehr als 50 Jahre hat es gedauert, bis sich der frühere Conterganhersteller Grünenthal erstmals explizit bei den Opfern entschuldigt hat. Doch gegen ein gesponsertes Denkmal gab es auch Proteste.

Bei der Einweihungsfeier des wohl ersten Denkmals für die weltweit 10.000 Opfer des Arzneimittelskandals sagte der Geschäftsführer des Pharma-Unternehmens, Harald Stock, es sei bedauerlich, dass Grünenthal nicht viel früher auf die Opfer zugegangen sei. "Darüber hinaus bitten wir um Entschuldigung, dass wir 50 Jahre lang nicht den Weg zu Ihnen, von Mensch zu Mensch, gefunden haben. Stattdessen haben wir geschwiegen."

"Wir wünschten, es wäre nie geschehen"

Tausende schwangere Frauen hatten nach der Markteinführung 1957 das als ungefährlich angepriesene Schlafmittel Contergan geschluckt – vor allem, weil es auch gegen Schwangerschaftsübelkeit half. Doch bald kamen weltweit etwa 10.000 Kinder mit Fehlbildungen vor allem an Armen und Beinen zur Welt. Allein in Deutschland waren 5000 Menschen betroffen. Erst 1961 zog der Stolberger Pharmakonzern das Medikament zurück.

Bislang hatte das Unternehmen in Stellungnahmen immer nur von Verantwortung gesprochen und sein Bedauern ausgedrückt. Das Wort "Entschuldigung" war aber bisher nicht gefallen, da nach früherer Argumentation des Unternehmens darin das Wort "Schuld" enthalten ist. Stock sagte bei der Veranstaltung, dass Grünenthal bei der Entwicklung von Contergan nach dem damaligen Wissensstand und Kenntnisstand gehandelt habe. "Wir wünschten, es wäre nie geschehen." In den vergangenen Jahren habe man bemerkt, wie wichtig Gespräche mit den Betroffenen sein.

Opferverbände sehen im Denkmal eine PR-Maßnahme

In Deutschland leben noch rund 2400 Contergan-Opfer (im Bild der Vorsitzende des Bundes Contergangeschädigter und Grünenthalopfer, Andreas Meyer). Sie sind inzwischen 50 Jahre und älter. Viele von ihnen hätten anstatt eines Denkmals lieber eine Verbesserung ihrer Lebenssituation gesehen. Die Enthüllung der rund 60 Zentimeter hohen Bronzeskulptur, die ein Mädchen mit verkürzten Gliedmaßen darstellt, wurde von Protesten von Betroffenen begleitet. Kritiker aus dem Publikum meldeten sich zu Wort und warfen Grünenthal vor, finanziell viel zu wenig für die Opfer zu tun.

Opferverbände hatten bereits zuvor die Unterstützung des Konzerns für das Denkmal als PR-Maßnahme kritisiert. Der Bundesverband Internationale Contergan/Thalidomid Allianz (ICTA) Deutschland forderte das Unternehmen auf, mit den Opferverbänden über die geforderten Entschädigungen in Millionenhöhe zu verhandeln. Die Contergan-Opfer benötigten ganz konkrete Unterstützung, um ihren Alltag zu bewältigen, und diese Unterstützung werde von Grünenthal verweigert.

1971 war nach langen Auseinandersetzungen eine Stiftung eingerichtet und mit 200 Millionen Mark ausgestattet worden. Das Geld kam jeweils zur Hälfte von Grünenthal und vom Bund. Aus diesem Fonds erhalten die Geschädigten eine Rente. Die Betroffenen haben immer wieder mehr Hilfsleistungen von dem millionenschweren Konzern gefordert.

pg/qu (dpa, dapd, epd, kna)
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#3

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 14:01

Grünenthal-Entschuldigung
Kritik an Contergan-Hersteller
Erstellt 01.09.2012

Australische und britische Opferverbände von Contergan-Opfern haben die Entschuldigung des Arzneimittelherstellers Grünenthal kritisiert.

Sydney/ London.

Die Entschuldigung der Firma Grünenthal bei den Contergan-Geschädigten ist in Australien nicht gut angekommen. „Zu wenig, zu spät“, kommentierten am Samstag Anwälte, die Opfer des Arzneimittelskandals in Australien vertreten. Sie warfen Geschäftsführer Harald Stock Heuchelei vor. Grünenthal hat sich dort bislang einer Klage von Opfern widersetzt. Der Fall kommt nächstes Jahr vor das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria.

Der Hersteller des Schlafmittels, das Anfang der 60er Jahre bei ungeborenen Kindern schwere Schäden verursachte, hatte sich am Freitag erstmals explizit bei den Opfern entschuldigt und ein Denkmal errichtet. Es sei bedauerlich, dass die Firma nicht früher auf die Opfer zugegangen sei, sagte Grünenthal-Geschäftsführer Harald Stock.

Die Anwaltsfirma Slater and Gordon Lawyers in Melbourne hatte in diesem Jahr mehrere Millionen Dollar für rund 130 Geschädigte erstritten, allerdings nicht von Grünenthal, sondern von dem Vertreiber des Medikaments in Australien. Grünenthal argumentierte, die Contergan-Geschädigten müssten in Deutschland prozessieren.

Auch bitische Verbände von Opfern des Contergan-Skandals haben die Entschuldigung des Arzneimittelherstellers Grünenthal als nicht ausreichend kritisiert. Das Unternehmen versuche weiter, den Mythos aufrechtzuerhalten, niemand habe wissen können, welche Schäden das Medikament anrichten könne, sagte Martin Johnson, Direktor der Stiftung Thalidomide, am Samstag dem Sender BBC. Das aber sei nicht richtig. Contergan war in Großbritannien unter dem Namen Thalidomide verkauft worden.

Freddie Astbury von Thalodomide UK forderte, es müsse endlich eine offene Diskussion über Entschädigungszahlungen geben. Contergan-Opfer Nick Dobrik sagte: „Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss die Fehler einräumen, die gemacht wurden. Das hat die Firma nicht getan, und damit die Opfer beleidigt.“

Auch in Deutschland gab es Kritik. Die Firma Grünenthal hatte das Schlafmittel 1957 auf den Markt gebracht. Weltweit kamen etwa 10 000 Kinder mit schweren Missbildungen vor allem an Armen und Beinen zur Welt. (dpa)
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#4

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 14:03

Opferverband kritisiert Entschuldigung von Contergan-Hersteller

Der Verband der Contergan-Geschädigten in Deutschland hält die Entschuldigung der Herstellerfirma Grünenthal für unzureichend. „Wir erwarten Taten, und wenn diese Taten nicht folgen, dann bleibt dies nur eine leere Hülse und ein PR-Gag“, sagte die Sprecherin des Bundesverbands Contergan-Geschädigter heute der Nachrichtenagentur AFP am Telefon.

Die Sprecherin sagte, der Opferverband nehme „diese menschliche Rede zur Kenntnis“. Zugleich wies sie darauf hin, dass sich das Pharmaunternehmen Grünenthal nicht für die Einführung des Medikaments Contergan vor rund 50 Jahren entschuldigt habe.
Grünenthal entschuldigte sich erstmals

Grünenthal-Chef Harald Stock hatte gestern bei der Einweihung eines Contergan-Denkmals in Stolberg erstmals bei den Betroffenen um Entschuldigung gebeten. „Wir bitten um Entschuldigung, dass wir fast 50 Jahre lang nicht den Weg zu Ihnen von Mensch zu Mensch gefunden haben“, sagte er. Er drückte zudem sein „Bedauern über die Folgen von Contergan und unser tiefes Mitgefühl für die Betroffenen, ihren Müttern und ihren Familien“ aus.

In Deutschland war das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan von 1957 bis 1961 rezeptfrei vertrieben worden. Es wurde auch von Schwangeren genommen, der Wirkstoff Thalidomid führte dadurch weltweit bei schätzungsweise 10.000 Kindern zu dauerhaften Schäden, darunter schwerwiegende Fehlbildungen.
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#5

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 14:04

FDP: Entschuldigung bei Contergan-Opfern war lange überfällig

01.09.2012 - 12:20 Uhr

Berlin. Die Entschuldigung des Pharmakonzerns Grünenthal, der sich am gestrigen Freitag nach über 50 Jahren bei den Opfern des Schlafmittels Contergan erstmals entschuldigt hatte, ist nach Ansicht von Nicole Bracht-Bendt, FDP-Sprecherin für Frauen und Senioren, lange überfällig gewesen. Ihre Partei begrüße, "dass sich der Pharmakonzern Grünenthal bei den weltweit rund 10.000 Opfern der Contergan-Katastrophe entschuldigt hat. Diese Geste war schon lange überfällig", betonte die FDP-Politikerin am Samstag in Berlin. Grünenthal bleibe aber auch nach der Entschuldigung in der Verantwortung, "damit die betroffenen Menschen auch im Alter würdevoll leben können", so Bracht-Bendt weiter. Grünenthal-Geschäftsführer Harald Stock hatte sich am Freitag im Namen des Pharmakonzerns bei der Einweihung eines Denkmals für die Contergan-Opfer entschuldigt. "Wir bitten um Entschuldigung, dass wir 50 Jahre lang nicht den Weg zu ihnen, von Mensch zu Mensch, gefunden haben. Stattdessen haben wir geschwiegen", so Stock. Bei dem Medikament Contergan handelt es sich um ein Schlafmittel, das 1957 auf den Markt gebracht wurde. Da es als sehr wirksam gegen Schwangerschaftsübelkeit galt, wurde das rezeptfreie Mittel von vielen werdenden Müttern eingenommen. Im Mutterleib kam es jedoch zu schweren Missbildungen der Kinder, vor allem an Armen und Beinen. Weltweit waren etwa 10.000 Kinder betroffen. Als 1961 der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Contergan und den Missbildungen aufgedeckt wurde, nahm Grünenthal das Medikament vom Markt.

(dts Nachrichtenagentur)

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#6

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 14:06

Opfer-Anwälte sprechen von Heuchelei Kritik an Entschuldigung von Contergan-Hersteller
zuletzt aktualisiert: 01.09.2012 - 12:06

Sydney (RPO). Die Entschuldigung der Firma Grünenthal bei den Contergan-Geschädigten ist in Australien nicht gut angekommen. "Zu wenig, zu spät", kommentierten am Samstag Anwälte, die Opfer des Arzneimittelskandals in Australien vertreten. Sie warfen Geschäftsführer Harald Stock Heuchelei vor. Grünenthal hat sich dort bislang einer Klage von Opfern widersetzt. Der Fall kommt nächstes Jahr vor das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria.

Der Hersteller des Schlafmittels, das Anfang der 60er Jahre bei ungeborenen Kindern schwere Schäden verursachte, hatte am Freitag erstmals das Wort "Entschuldigung" in den Mund genommen. Es sei bedauerlich, dass die Firma nicht früher auf die Opfer zugegangen sei, sagte Grünenthal-Geschäftsführer Harald Stock.

Die Anwaltsfirma Slater and Gordon Lawyers in Melbourne hatte in diesem Jahr mehrere Millionen Dollar für rund 130 Geschädigte erstritten, allerdings nicht von Grünenthal, sondern von dem Vertreiber des Medikaments in Australien. Grünenthal argumentierte, die Contergan-Geschädigten müssten in Deutschland prozessieren.
Kritik auch aus Großbritannien

Auch Britische Verbände von Opfern des Contergan-Skandals haben die Entschuldigung des Arzneimittelherstellers Grünenthal als nicht ausreichend kritisiert.
Das Unternehmen versuche weiter, den Mythos aufrechtzuerhalten, niemand habe wissen können, welche Schäden das Medikament anrichten könne, sagte Martin Johnson, Direktor der Stiftung Thalidomide, am Samstag dem Sender BBC. Das aber sei nicht richtig. Contergan war in Großbritannien unter dem Namen Thalidomide verkauft worden.

Freddie Astbury von Thalodomide UK forderte, es müsse endlich eine offene Diskussion über Entschädigungszahlungen geben. Contergan-Opfer Nick Dobrik sagte: "Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss die Fehler einräumen, die gemacht wurden. Das hat die Firma nicht getan, und damit die Opfer beleidigt."

Mehr als 50 Jahre nach dem Arzneimittelskandal hatte sich der frühere Contergan-Hersteller aus dem Rheinland am Freitag erstmals explizit bei den Opfern entschuldigt und ein Denkmal errichtet. Auch in Deutschland gab es Kritik. Die Firma Grünenthal hatte das Schlafmittel 1957 auf den Markt gebracht. Weltweit kamen etwa 10 000 Kinder mit schweren Missbildungen vor allem an Armen und Beinen zur Welt.

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#7

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 16:35

01.09.2012, 16:06 Uhr
Weltweite Kritik an Entschuldigung von Contergan-Firma

Die Entschuldigung des Contergan-Herstellers Grünenthal ist bei Opferverbänden weltweit auf Kritik gestoßen. "Wir erwarten Taten, und wenn diese Taten nicht folgen, dann bleibt dies nur eine leere Hülse und ein PR-Gag", sagte die Sprecherin des Bundesverbands Contergangeschädigter. Auch Opfervertreter in Großbritannien, Japan und Australien wiesen die Grünenthal-Erklärung als unzureichend zurück.
Der Bundesverband Contergangeschädigter nehme "diese menschliche Rede zur Kenntnis", sagte Sprecherin Ilonka Stebritz mit Blick auf die Äußerungen von Grünenthal-Chef Harald Stock vom Vortag. Zugleich wies sie darauf hin, dass sich das Pharmaunternehmen nicht für die Einführung des Medikaments vor rund 50 Jahren entschuldigt habe.

Stock hatte am Freitag bei der Einweihung eines Contergan-Denkmals in Stolberg erstmals bei den Betroffenen um Entschuldigung gebeten. "Wir bitten um Entschuldigung, dass wir fast 50 Jahre lang nicht den Weg zu Ihnen von Mensch zu Mensch gefunden haben", sagte er. Das jahrzehntelange Schweigen des Pharmakonzerns sei "als Zeichen der stummen Erschütterung zu sehen", die das Schicksal der Opfer bei dem Unternehmen bewirkt habe.

In Deutschland war das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan von 1957 bis 1961 rezeptfrei vertrieben worden, es wurde auch von vielen Schwangeren genommen. Der Wirkstoff Thalidomid führte weltweit bei schätzungsweise 10.000 Kindern zu dauerhaften Schäden, darunter schwerwiegende Fehlbildungen. Neben Deutschland leben die meisten Opfer in Großbritannien, Japan, Kanada und Australien.

Auch aus diesen Ländern kam am Samstag scharfe Kritik an der Entschuldigung von Grünenthal. "Wir denken, dass eine echte und aufrichtige Entschuldigung eine ist, die ein tatsächliches Fehlverhalten einräumt", sagte das britische Contergan-Opfer Nick Dobrik dem Sender BBC. Dies habe Grünenthal nicht getan. Der Chef des britischen Contergan-Opferverbands, Freddy Astbury, der ohne Arme und Beine auf die Welt kam, forderte eine finanzielle Entschädigung für die Opfer.

Anwälte australischer Opfer nannten die Entschuldigung "erbärmlich". "Sie ist zu wenig, zu spät und durchsetzt mit weiterer Falschheit", erklärten die Anwälte des Australierin Lynette Rowe. Das lange Schweigen mit einer "stummen Erschütterung" des Unternehmens zu begründen, sei "beleidigender Unsinn". Der Konzern habe 50 Jahre lang versucht, die moralischen, juristischen und finanziellen Konsequenzen des Skandals zu umgehen.

Auch der japanische Opferverband "Sakigake" zeigte sich von der Entschuldigung enttäuscht. "Die Zahl der Opfer wäre geringer gewesen, wenn der Konzern den Verkauf früher gestoppt hätte", sagte Verbandschef Tsugumichi Sato. Sein Verband werde genau verfolgen, welche Verantwortung Grünenthal künftig übernehmen werde.

Die FDP-Politikerin Nicole Bracht-Bendt begrüßte dagegen die Entschuldigung des Arzneimittel-Herstellers. "Diese Geste war schon lange überfällig", erklärte die Sprecherin für Frauen und Senioren der FDP-Bundestagsfraktion am Samstag.

Der Bundesverband Contergangeschädigter lehnt darüber hinaus auch das neue Contergan-Denkmal in Stolberg ab. Die Bronzestatue eines Mädchens ohne Arme und mit missgebildeten Beinen verharmlose "das schuldhafte Verhalten von Grünenthal", erklärte der Verband kurz vor der Einweihung am Freitag. Es handele sich um eine "PR-Maßnahme" des Konzerns.

© AFP

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#8

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 21:21

Pharmafirma entschuldigt sich nach über 50 Jahren: Contergan-Opfer lehnen Grünenthal-Entschuldigung ab
Zu wenig, zu spät und verlogen obendrein: Die Entschuldigung des Contergan-Herstellers Grünenthal stößt bei den Opfern auf massive Kritik. Viele streiten noch ein halbes Jahrhundert nach dem Medizinskandal um finanzielle Entschädigung.
„Wir erwarten Taten, und wenn diese Taten nicht folgen, dann bleibt dies nur eine leere Hülse und ein PR-Gag“, sagte die Sprecherin des Bundesverbands Contergangeschädigter am Samstag. Auch Opfervertreter in Großbritannien, Japan und Australien wiesen die Grünenthal-Erklärung als unzureichend zurück. Der Bundesverband nehme „diese menschliche Rede zur Kenntnis“, sagte Sprecherin Ilonka Stebritz mit Blick auf die Äußerungen von Grünenthal-Chef Harald Stock vom Vortag. Zugleich wies sie darauf hin, dass sich das Pharmaunternehmen nicht für die Einführung des Medikaments vor rund 50 Jahren entschuldigt habe.

Stock hatte am Freitag bei der Einweihung eines Contergan-Denkmals in Stolberg erstmals bei den Betroffenen um Entschuldigung gebeten. „Wir bitten um Entschuldigung, dass wir fast 50 Jahre lang nicht den Weg zu Ihnen von Mensch zu Mensch gefunden haben“, sagte er. Das jahrzehntelange Schweigen des Pharmakonzerns sei „als Zeichen der stummen Erschütterung zu sehen“, die das Schicksal der Opfer bei dem Unternehmen bewirkt habe.

In Deutschland war das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan von 1957 bis 1961 rezeptfrei vertrieben worden, es wurde auch von vielen Schwangeren genommen. Der Wirkstoff Thalidomid führte weltweit bei schätzungsweise 10 000 Kindern zu schwerwiegenden Fehlbildungen der Gliedmaßen. Neben Deutschland leben die meisten Opfer in Großbritannien, Japan, Kanada und Australien.

Australische Opferanwälte finden die Entschuldigung „erbärmlich“
Auch aus diesen Ländern kam am Samstag scharfe Kritik an der Entschuldigung von Grünenthal. „Wir denken, dass eine echte und aufrichtige Entschuldigung eine ist, die ein tatsächliches Fehlverhalten einräumt“, sagte das britische Contergan-Opfer Nick Dobrik dem Sender BBC. Dies habe Grünenthal nicht getan. Der Chef des britischen Contergan-Opferverbands, Freddy Astbury, der ohne Arme und Beine auf die Welt kam, forderte eine finanzielle Entschädigung für die Opfer.

Anwälte australischer Opfer nannten die Entschuldigung „erbärmlich“. „Sie ist zu wenig, zu spät und durchsetzt mit weiterer Falschheit“, erklärten die Anwälte der Australierin Lynette Rowe. Das lange Schweigen mit einer „stummen Erschütterung“ des Unternehmens zu begründen, sei „beleidigender Unsinn“. Der Konzern habe 50 Jahre lang versucht, die moralischen, juristischen und finanziellen Konsequenzen des Skandals zu umgehen.

Die australischen Opfer warfen Grünenthal-Chef Harald Stock Heuchelei vor. Das Unternehmen hat sich dort bislang einer Klage von Opfern widersetzt. Der Fall kommt nächstes Jahr vor das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria. Die Anwaltsfirma Slater and Gordon Lawyers in Melbourne hatte in diesem Jahr mehrere Millionen Dollar für rund 130 Geschädigte erstritten, allerdings nicht von Grünenthal, sondern von dem Vertreiber des Medikaments in Australien. Grünenthal argumentierte, die Contergangeschädigten müssten in Deutschland prozessieren.

Britischer Contergangeschädigter: „Von der Firma beleidigt“
Auch Martin Johnson, Direktor der Stiftung Thalidomide, warf Grünenthal vor, das Unternehmen versuche weiter, den Mythos aufrechtzuerhalten, niemand habe wissen können, welche Schäden das Medikament anrichten könne. Das aber sei nicht richtig. Contergan war in Großbritannien unter dem Namen Thalidomide verkauft worden.
Freddie Astbury von Thalodomide UK forderte, es müsse endlich eine offene Diskussion über Entschädigungszahlungen geben. Contergan-Opfer Nick Dobrik sagte: „Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss die Fehler einräumen, die gemacht wurden. Das hat die Firma nicht getan, und damit die Opfer beleidigt.“



Pharmafirma entschuldigt sich nach über 50 Jahren Schwedische Contergan-Opfer wurden nie entschädigt
Björn Håkansson, der Chef des schwedischen Opferverbandes, sprach von einer wertlosen Entschuldigung. „Nach 50 Jahren kriechen sie zu Kreuze, nachdem sie in mehreren Ländern verklagt wurden“, sagte er mit Blick auf die Herstellerfirma Grünenthal. „Das hätten sie nie getan, wenn sie nicht unter Druck stünden.“

Die überlebenden 99 Contergan-Geschädigten in Schweden hätten von Grünenthal niemals eine Entschädigung oder eine Anerkennung ihres Leidens erhalten, sagte Håkansson. Allerdings hatten die schwedischen Opfer Zahlungen des heimischen Firma Astra bekommen, die das Medikament in Lizenz hergestellt und verkauft hatte.

Auch der japanische Opferverband „Sakigake“ zeigte sich von der Entschuldigung enttäuscht. „Die Zahl der Opfer wäre geringer gewesen, wenn der Konzern den Verkauf früher gestoppt hätte“, sagte Verbandschef Tsugumichi Sato. Sein Verband werde genau verfolgen, welche Verantwortung Grünenthal künftig übernehmen werde.

Lediglich FDP-Politikerin begrüßt längst überfällige Abbitte
Der Bundesverband Contergangeschädigter lehnt darüber hinaus auch das neue Contergan-Denkmal in Stolberg ab. Die Bronzestatue eines Mädchens ohne Arme und mit missgebildeten Beinen verharmlose „das schuldhafte Verhalten von Grünenthal“, erklärte der Verband kurz vor der Einweihung am Freitag.

Die FDP-Politikerin Nicole Bracht-Bendt begrüßte dagegen die Entschuldigung des Arzneimittel-Herstellers. „Diese Geste war schon lange überfällig“, erklärte die Sprecherin für Frauen und Senioren der FDP-Bundestagsfraktion am Samstag.

In Deutschland erhalten Contergan-Geschädigte eine Rente
Der Hersteller des Schlafmittels, das Anfang der 60er Jahre bei ungeborenen Kindern schwere Schäden verursachte, hatte am Freitag erstmals das Wort „Entschuldigung“ in den Mund genommen. Es sei bedauerlich, dass die Firma nicht früher auf die Opfer zugegangen sei, sagte Geschäftsführer Stock nun.
Nach langen Auseinandersetzungen wurde 1971 eine Stiftung eingerichtet und mit 200 Millionen Mark ausgestattet. Das Geld kam jeweils zur Hälfte von Grünenthal und vom Bund. Aus diesem Fonds erhalten die Geschädigten eine Rente.

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#9

Beitrag von Presse » Samstag 1. September 2012, 21:23

Contergan: Kritik an Entschuldigung
Die Entschuldigung der Firma Grünenthal bei den Contergan-Geschädigten
Ist bei vielen Opfer-Verbänden nicht gut angekommen.
„Zu wenig, zu spät“,
kommentieren am Samstag Anwälte, die Opfer des Arzneimittelskandals in Australien
vertreten.
Das britische Contergan-Opfer Nick Dobrick sagte dem Sender „BBC“:
„Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss den Fehler einräumen,
die gemacht wurden.
Das hat die Firma nicht getan, und damit die Opfer beleidigt.“
Quelle: N24 Teletext Seite 124 am 01.09.2012
Auf Wunsch von @Robbe eingestellt.

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#10

Beitrag von Presse » Sonntag 2. September 2012, 11:52

Kritik an Entschuldigung von Contergan-Hersteller
«Zu wenig, zu spät»
Panorama Gestern, 18:43

(sda/dpa) 50 Jahre hat der Contergan-Hersteller Grünenthal für eine Entschuldigung bei den Opfern gebraucht – zu lange, finden viele Interessenverbände. Der juristische Streit um Entschädigung geht weiter.
Ernsthafte Entschuldigung gefordert

«Zu wenig, zu spät», kommentierten am Samstag Anwälte, die Opfer des Arzneimittelskandals in Australien vertreten. Das britische Contergan-Opfer Nick Dobrik sagte dem Sender BBC: «Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss die Fehler einräumen, die gemacht wurden. Das hat die Firma nicht getan und damit die Opfer beleidigt.»

Auch Martin Johnson, Direktor der Stiftung Thalidomide, warf Grünenthal vor, das Unternehmen versuche weiter, den Mythos aufrechtzuerhalten, niemand habe wissen können, welche Schäden das Medikament anrichten könne. Das aber sei nicht richtig. Contergan war in Grossbritannien unter dem Namen Thalidomide verkauft worden.

Björn Håkansson, der Chef des schwedischen Opferverbandes, sprach von einer wertlosen Entschuldigung. «Nach 50 Jahren kriechen sie zu Kreuze, nachdem sie in mehreren Ländern verklagt worden sind», sagte er mit Blick auf die Herstellerfirma Grünenthal. «Das hätten sie nie getan, wenn sie nicht unter Druck stünden.»

Die überlebenden 99 Contergan-Geschädigten in Schweden hätten von Grünenthal niemals eine Entschädigung oder eine Anerkennung ihres Leidens erhalten, sagte Håkansson. Allerdings hatten die schwedischen Opfer Zahlungen des heimischen Firma Astra bekommen, die das Medikament in Lizenz hergestellt und verkauft hatte.
Erstmals «Entschuldigung»

Der Hersteller des Schlafmittels, das Anfang der sechziger Jahre bei ungeborenen Kindern schwere Schäden verursachte, hatte am Freitag erstmals das Wort «Entschuldigung» in den Mund genommen. Weltweit kamen etwa 10 000 Kinder mit schweren Missbildungen vor allem an Armen und Beinen zur Welt. Es sei bedauerlich, dass die Firma nicht früher auf die Opfer zugegangen sei, sagte Geschäftsführer Stock nun.

Nach langen Auseinandersetzungen wurde 1971 eine Stiftung eingerichtet und mit 200 Millionen Mark ausgestattet. Das Geld kam jeweils zur Hälfte von Grünenthal und vom deutschen Staat. Aus diesem Fonds erhalten die Geschädigten eine Rente.
Vorwurf der Heuchelei

Die australischen Opfer warfen Grünenthal-Geschäftsführer Harald Stock Heuchelei vor. Das Unternehmen hat sich dort bisher einer Klage von Opfern widersetzt. Der Fall kommt nächstes Jahr vor das oberste Gericht im Bundesstaat Victoria.

Die Anwaltsfirma Slater and Gordon Lawyers in Melbourne hatte in diesem Jahr mehrere Millionen Dollar für rund 130 Geschädigte erstritten, allerdings nicht von Grünenthal, sondern von dem Vertreiber des Medikaments in Australien. Grünenthal argumentierte, die Contergan-Geschädigten müssten in Deutschland prozessieren.

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#11

Beitrag von Presse » Montag 3. September 2012, 08:24

Nationalrat Christian Lohr zum späten «Sorry» der Contergan-Manager Es ändert nichts, aber es tut gut!
Späte Entschuldigung der deutschen Pharmafirma Grünenthal bei Contergan-Geschädigten. Der Thurgauer Nationalrat Christian Lohr ist einer von ihnen.



Das hat gedauert! 50 Jahre nach dem Contergan-Skandal ringt sich die deutsche Pharmafirma Grünenthal endlich zu einer Entschuldigung durch. Gut 10'000 Kinder kamen wegen des Medikaments mit Missbildungen zur Welt.

Zu ihnen gehört der Thur­gauer CVP-Nationalrat Chris­tian Lohr (50). «Die Entschuldigung war längst überfällig», sagt er zu BLICK. Für ihn persönlich ändere sich nichts, darum sei sie für ihn nicht von Bedeutung. «Aber für die ganze Sache ist die Entschuldigung extrem wichtig. Denn die moralische Schuld und Verantwortung liegt bei Grünenthal.»

Bei vielen Contergan-Geschädigten sorgt das späte Sorry für Kritik. Gefordert wird zudem eine grössere finanzielle Entschädigung. Heute erhalten die Betroffenen in Deutschland und der Schweiz nämlich bloss eine Monatsrente von derzeit 255 bis 1152 Euro (vor fünf Jahren gar nur die Hälfte) und seit 2009 eine Sonderzahlung von maximal 3680 Euro pro Jahr.
«Wir sind Mahnmal genug»

Angesichts der Schäden sowie der Pflege- und Therapiekosten sind die Zahlungen weit entfernt von einer Wiedergutmachung. «Die Frage nach höheren Renten oder Entschädigungen muss man deshalb ernsthaft anschauen», so Lohr.

Ihm geht es nicht um Millionenklagen, sondern um die Deckung der Folgeschäden. «Mir geht es gesundheitlich gut. Aber mit dem Alter werden die Folgeschäden spürbarer. Dafür sollte nicht die Allgemeinheit finan­ziell aufkommen müssen!»

Das in Deutschland eingeweihte Contergan-Denkmal hält er für unnötig. «Wir sind Mahnmal genug für die damalige Leichtfertigkeit der Pharmaindustrie.» Und Mahnung für die «gewaltige Verantwortung» der heutigen Pharma. Lohr: «Ein solcher Skandal darf sich nicht wiederholen!»

Quelle-Kommentare und dort gibts ne Umfrage,die Ergebnisse sind nach dem Abstimmen zu sehen :link

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#12

Beitrag von Presse » Dienstag 4. September 2012, 07:49

Contergan: Bundesverband fordert Härtefall-Regelung
zuletzt aktualisiert: 04.09.2012 - 02:30

Düsseldorf (RP). Nach der Entschuldigung der Firma Grünenthal bei den Contergan-Opfern hat der Bundesverband der Geschädigten mehr Transparenz bei der Unterstützung von Härtefällen gefordert. Niemand wisse, welcher Betroffene in welcher Höhe finanzielle Hilfe erhalte. Das Verfahren unterliege der vollkommenen Beliebigkeit des Unternehmens. Grünenthal-Geschäftsführer Harald Stock hatte in Stolberg sein Bedauern über die Folgen des Contergan-Skandals zum Ausdruck gebracht. Die Firma hatte das Mittel 1957 bis 1961 vertrieben.

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Beitrag von Presse » Dienstag 4. September 2012, 16:49

04.09.12

Contergan-Opfer sprechen vom Pseudo-Entschuldigung



SOEST ▪ Als laue, halbherzig gesprochene Floskeln, nicht aber als würdevolle Entschuldigung, so sehen Wolfgang Schasse und Georg Palmüller den Auftritt des Vorsitzenden der Grünenthal-Konzernleitung, Dr. Harald F. Stock, bei der Einweihung des Contergan-Denkmals in Stolberg. Sie bezeichnen sich unmissverständlich als Opfer, und sie machen klar: „Wir kämpfen weiter – vor allem für alle Schwerstbetroffenen und unsere Familien.

Wolfgang Schasse (51) und Georg Palmüller (52) spüren täglich, was es heißt, mit den Folgen des angeblich harmlosen Schlafmittels Contergan zu leben. Sie wissen aus ihrer Kindheit, welches Leid Eltern und Geschwister aushalten und was sie ertragen mussten.

„Toll“, schildert der Soester Wolfgang Schasse, was ihm zunächst durch den Kopf ging, als er die überraschende Nachricht hörte, der Unternehmenssprecher habe nun endlich sein großes Bedauern und sein tiefes Mitgefühl ausgedrückt. Dann allerdings sei ihm klar geworden, dass sich Dr. Harald F. Stock nicht zu einer Schuld bekannt habe. Die Firmengruppe leiste lediglich Abbitte, fünfzig Jahre lang geschwiegen und nicht den „Weg von Mensch zu Mensch gefunden“ zu haben.

Seine Mutter habe den Schicksalsschlag nie verkraftet, erzählt Georg Palmüller. Im Umgang mit seinem Sohn merkt er, wie oft er zurückstecken muss. So wie andere Väter eine Bude im Garten bauen – „das geht nicht“. Einen Nagel in die Wand hauen – unmöglich. Dazu kommen die massiven gesundheitlichen Belastungen durch die Beeinträchtigungen. Für Wolfgang Schasse ist klar: „Wiedergutmachung ist nicht möglich. Wir brauchen keine Entschuldigung, wir wollen eine gerechte Entschädigung.“

Wolfgang Schasse und Georg Palmüller gehören zum Contergan-Stammtisch Soest/ Bad Sassendorf. Sie haben sich mit anderen „Contis“ – wie sie sich selber bezeichnen – kurzgeschlossen und machen ihre Forderungen deutlich. Wie der Bundesverband setzen sie sich für eine Einmalzahlung von 100 000 Euro ein sowie für eine Verdreifachung der derzeitigen Rente, um wenigstens einen Teil der hohe Kosten auffangen können, die ihre Behinderung mit sich bringt. Wolfgang Schasse: „Wir verlangen keinen Luxus, die Zahlungen würden uns das Leben aber erleichtern.“

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#14

Beitrag von Presse » Dienstag 4. September 2012, 16:51

Ein Anwalt und das Thema Contergan

Arzneimittelkonzern entschuldigte sich bei den Geschädigten. Der Augsburger Jurist Stefan Pfalzgraf ist einer von ihnen. Von Ute Krogull
Der Anwalt kam 1961 zur Welt – als Zwilling. Sein Bruder war unversehrt, er selber hat nur ellbogenlange Arme, an der rechten Hand drei, an der linken vier Finger. Davon ließ er sich nicht unterkriegen, trieb Sport, machte Abitur, studierte Jura. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Er war im Verband der Contergangeschädigten engagiert, baute den Augsburger Behindertenbeirat auf. Jetzt sagt er: „Als ich von dem Denkmal für Contergan-Geschädigte hörte, klang es erst einmal wie Hohn. In der Rede dazu stellte sich die Firma allerdings erstmals ihrer Verantwortung, zumindest mit Worten. Nun muss sie aber auch Konsequenzen ziehen.“ Und diese Konsequenzen müssten sehr großer finanzieller Art sein.

Weltweit hagelte es Kritik, dass die Entschuldigung zu spät komme und nicht ausreiche. Das sieht auch Pfalzgraf so, nennt sie aber auch einen „Silberstreif am Horizont“ und fordert nun finanzielle Leistungen für die Linderung von Folgeschäden. Viele, die schwere multiple Schäden hatten, sind schon gestorben. Viele anderen geht es schlecht – gesundheitlich und finanziell.

Je nach Beeinträchtigung, erklärt Pfalzgraf, müssen sie Körperteile stärker beanspruchen, um fehlende Gliedmaßen auszugleichen. Das lässt den Körper schnell verschleißen. Andere benötigen Haushaltshilfen und andere Unterstützung, die sie weitgehend selber zahlen müssen. 1971 riefen Grünenthal und der Bund einen Fonds ins Leben, aus denen die Geschädigten eine gestaffelte Rente erhalten – maximal 1000 Euro. Viele leben trotzdem an der Armutsgrenze; die Unterstützung geht für Hilfen oder Behandlungen drauf, die die Krankenkasse nicht zahlt. Pfalzgraf prognostiziert, dass die Situation sich verschärft, wenn die Betroffenen ins Pflegealter kommen.

Er hofft, dass sich nun eine neue Debatte entwickelt. Der nächste Schritt, fordert er, müsse allerdings von Grünenthal kommen – und zwar schnell. Selber brauche er die Unterstützung nicht. „Ich habe im Leben erreicht, was ich wollte. Aber ich hatte auch die Möglichkeiten dazu.“ Seine Einschränkungen waren geringer als die anderer; seine Familie – die Eltern waren Ärzte – unterstützte ihn. Doch weiß er: „Es gibt Leiden, die kann man mit Geld gar nicht gutmachen.“

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Beitrag von Presse » Donnerstag 6. September 2012, 07:53

BILD-Besuch bei Brigitte Rohr
So leiden Contergan-Opfer bis heute – auch finanziell
Von KATJA DERSTROFF (Text) und MEIKE WIRSEL (Fotos)

Köln – Ich würde so gerne mal schwimmen. Aber das kann ich mir finanziell nicht leisten“, sagt Brigitte Rohr (50). Die Kölnerin, die ohne Arme und Beine geboren wurde, ist eine von bundesweit 2700 Contergan-Geschädigten.

Auch ihre Mutter nahm damals ahnungslos das Mittel gegen Schlaflosigkeit und Schwangerschaftsübelkeit ein. Erst jetzt, 50 Jahre später, entschuldigte sich der Konzern Grünenthal bei den Opfern und deren Familien.

Doch Brigitte Rohr fordert: „Grünenthal sollte uns unterstützen, solange wir leben.“ Denn mit der Contergan-Rente von 1100 Euro und ihrem kleinen Gehalt sei ein „selbstbestimmtes Leben nicht möglich.“

Dafür bräuchte die vierfach behinderte Frau rund um die Uhr eine Assistenz: „Jemand muss mich an- und ausziehen, mich waschen, zur Toilette bringen, mir in mein umgebautes Auto helfen. Das kostet im Monat rund 12000 Euro.“ Stattdessen kommt der Pflegedienst sieben Mal morgens und fünf Mal abends. Zig Anträge und Formulare muss sie für jedes Hilfsgesuch ausfüllen. Oft dauert so ein Vorgang mehrere Monate. Brigitte: „Wir sind immer Bittsteller, werden oft diskriminiert. Dabei haben wir doch keine Schuld an dem, was uns passiert ist.“

Bärbel Drohmann (50), Vorstands-Mitglied des Interessenverbandes Contergangeschädigter Nordrhein-Westfalen: „Wir wollen alle ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben führen. Die Contergan-Renten müssen deshalb zur Verbesserung unserer Lebenssituation dringend erhöht werden!“
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